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Ich verstehe nicht ganz, was der Titel der Trilogie „Inmitten Jotunsieges Zeit“ mit den drei Liedern selbst zu tun hat. Jötunn, okay, das sind die Riesen, aber wenn ich das doch richtig verstehe, kommen die in der Trilogie selbst nicht vor. Drum erleuchte mich bitte.
Ohje, da fragst du mich was. Ist ja nun schon ein paar Jährchen her, seit ich diese Texte geschrieben habe. Ganz vereinfacht gesagt, sind die Joten die Gegenspieler der Asen und Wanen. Und doch: Bei einem genauen Blick in die Texte wirst du feststellen, dass sie in der Trilogie vorkommen. Die eigentliche Geschichte – da gebe ich dir recht – dreht sich allerdings um die Hexe Gullweig, die Hader und Unfriede in die Welt brachte und so den Grundstein für Jotungeschlechts Sieg – also die Vernichtung der Asen und Wanen, den Weltenbrand – legte. Für eine detaillierte Rezeption unserer Texte verweise ich auf unsere Homepage www.hagal-blackmetal.de, auf der sämtliche Texte zu finden sind.
Wer ist eigentlich Alfred Lord Tennyson? Ich meine, ihr zitiert ihn immerhin im Text zum Titellied eurer Demo, da muss der ja schon vielleicht eine besondere Stellung mit seinem Gedankengut oder so einnehmen, oder?
Tennyson war ein englischer Dichter des viktorianischen Zeitalters, hat also im 19. Jahrhundert gelebt. Ich könnte nun nicht gerade behaupten, dass er generell eine besondere Stellung mit seinem Gedankengut für uns einnimmt. Es war vielmehr diese einzelne Textstelle aus einem seiner Gedichte, die ich irgendwo las und die mir sofort den gesamten Text zu „Karg“ offenbarte. Ich habe gewissermaßen den Text von „Karg“ um dieses Zitat herum geschrieben, nicht umgekehrt das Zitat zur Würzung des fertigen Textes benutzt.
Nun gebt ihr euch ja sehr viel Mühe mit den Texten und der Visualisierung, was ich persönlich sehr schön finde und vor allem besser als eine Zeichnung, die mal eben so hingeklatscht worden ist. Wo kommt die Inspiration her? Eure Bilder sind ja schon recht düster und kalt. „Sterbender Traum“ erinnert mich übrigens an „Ars Moriendi“ von Lunar Aurora (ich meine die Cover, nicht die Musik).
Ein Vergleich mit Lunar Aurora erfreut uns immer, egal in welcher Hinsicht, schätzen wir diese Band doch sehr. Woher nun die Inspiration kommt, kann ich dir gar nicht so genau sagen, denn: Mein Bruder ist bei uns für die Visualisierung zuständig. Die Band vertraut ihm da voll und ganz und ich würde sagen, es gibt wenige vergleichbar gute Grafik-Designer, die ihr Können in der Gestaltung von Black Metal Alben einsetzen. Natürlich sprechen wir uns vorher ab, was genau wir mit den Alben musikalisch ausdrücken wollen und wie sich dies wohl am besten visuell umsetzen ließe. So ist „Sterbender Traum“ etwa in seiner Visualisierung ziemlich verworren, verwurzelt, entfremdend und von der realen Welt entrückt. Wer sich beispielsweise den Titelsong anhört und sich den Text dazu durchliest, wird die unmittelbare Verbindung von Song und Gestaltung der Bookletseite feststellen, auf der der Text abgedruckt ist. Und so verfahren wir bei jedem einzelnen Song: Jede Bookletseite ist auf das jeweilige Musikstück hin
konzipiert, dessen Text sie offenbart. So verbinden sich Musik und Visualisierung zu fremden Welten, die es für jeden aufmerksamen Hörer und Seher zu entdecken gilt.
Ich las, dass ihr sogar drei Jahre für den Titelsong auf „Sterbender Traum“ gebraucht habt, eine beachtliche Zeitspanne. Euch geht also Sorgfalt über zügiges Fertigstellen, richtig? In diesem Kontext las ich auch, dass Eigenständigkeit einfach wichtig für euch ist. Kann man vielleicht auch deshalb nicht von dir verlangen, die eigene Musik einzuordnen?
Stimmt genau: Sorgfalt steht an oberster Stelle. Wenn wir mit einem Lied nicht zufrieden sind, wird so lange daran herumgewerkelt, bis es hundertprozentig stimmt. Das ist auch der Grund, weshalb wir alte Lieder durchaus hier und da etwas neu arrangieren, verkürzen, um neue Elemente erweitern, mit neuen Schlagzeug-Mustern versehen und so weiter. Wir wollen einfach nichts spielen, hinter dem wir nur halbherzig stehen. Natürlich ist Eigenständigkeit in diesem Kontext wichtig für uns. Wobei wir natürlich niemals verneinen würden, dass es bestimmte Inspirationsquellen gibt, die sich bei uns heraushören lassen. Wenn ich zum Beispiel irgendeine kleine HiHat-Spielerei bei irgendeinem Drummer höre und sie gefällt mir, versuche ich, sie irgendwo einzubauen. Alle Musik ist immer schon irgendwo vorher da gewesen, da es zum Beispiel nur eine begrenzte Anzahl von Tönen gibt. Das Geheimnis ist, diese immer wieder neu zu arrangieren. Unsere Musik ordne ich unter dem Genre-Begriff Black Metal ein, da unser Soundgewand
Black Metal ist. Von zu kleinteiligen Unterteilungen halte ich persönlich nicht viel, aber es steht jedem frei, uns mit Pagan Metal oder sonst was zu labeln. Genrebezeichnungen sind mir nicht wichtig. Was zählt, ist die Musik.
Der klare Gesang bekam bei euch auf „Sterbender Traum“ mehr Einsatz als auf dem Debüt „Karg“, ihr habt euch also dafür entschieden, ihn mehr einzuflechten. Klarer Fall, A. F. singt auch gut und hat sich freilich verbessert, wie ich finde. Nun gibt es ja viele Pagankapellen, die ebenfalls Klargesang oder Bardengesang nutzen, dennoch wirkt das anders als bei euch. Kannst du dir vorstellen was ich meine und woran das liegt? Ich persönlich habe immer das Gefühl, es liegt am instrumentalen Kontext.
Nun, ich glaube, was du hier meinst, ist ein gradueller Unterschied im Einsatz von Pathos in der Stimme. Viele Paganbands verwenden klaren Gesang, der mit ungeheurer Inbrunst die Herrlichkeit Odins preist oder ähnliches und somit – man verzeihe mir diesen kleinen Seitenhieb – oftmals ins etwas kitschige abdriftet. So etwas gibt es bei uns eigentlich nicht. Andere Paganbands verwenden gerne diesen klaren Chor-Gesang, der sich anhört wie eine Horde fröhlicher, besoffener Wikinger auf Beutefahrt. Auch so was wird man bei uns nicht finden. Wir dagegen verwenden den Wechsel zwischen klarem und kreischendem Gesang meist als Stilmittel, um innere Zerrissenheit auszurücken.
„Die Weltenesche“ ist sogar komplett mit Klargesang versehen, gibt es da in Zukunft noch weitere Lieder, die ohne Gekrächze auskommen werden?
Die wird es geben, ja.
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