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Schön finde ich übrigens auch eure Handhabung in Sachen germanische / nordische Mythologie. Klar, eure Musik ist davon deutlich beeinflusst, ihr geht aber nicht so weit, dass ihr sagt, sie ist wichtig im täglichen Leben. Wie genau stuft ihr die Mythologie und ihre Bedeutung denn ein? Wie seht ihr all diese Bands, die sich ultra-heidnisch geben und am liebsten das Rad der Zeit zurückdrehen würden?

Ich finde es recht lächerlich, wenn heutige Wohlstandskinder sich zurück in die Wikingerzeit oder das Mittelalter wünschen. Das zeugt einfach von unglaublicher Unkenntnis dieser Zeit, in der ich froh bin nicht gelebt zu haben. Meine Güte, Wikinger waren in der Regel arme Bauern, die froh sein konnten, wenn sie den nächsten Winter halbwegs überstehen. Diese ganze Romantisierung dieser Zeit mit ihrem Bild des kräftigen, blonden, furchtlosen Wikingers, der seine Zeit am liebsten mit der Christenhatz verbringt, hat wenig bis gar nichts mit der damaligen Wirklichkeit zu tun. Deshalb lehne ich sie ab, genauso wie diese ewige Gestrigkeit. Die Menschheit entwickelt sich weiter, das liegt nun mal in ihrer Natur, auch wenn es natürlich auch mehr als genug Kritikpunkte an bestimmten Entwicklungstendenzen gibt. Ich finde diese aufgesetzte Menschen- und Zukunftsfeindlichkeit im Black Metal ohnehin vollkommen kindisch: Da sitzen dann die finsteren Black Metaller vor ihrem PC, um sich in irgendwelchen Internetforen a. über die ach so beschissene Menschheit und ihre unnützen Errungenschaften seit dem Mittelalter zu beschweren und b. über die verweichlichten Menschen heutzutage herzuziehen, die ja aus Schwäche stets die Gemeinschaft suchen. Fragen sich solche Leute eigentlich, was sie da gerade machen? Reflektieren sie auch irgendwann einmal, dass sie gerade eine von Menschen geschaffene Technik nutzen und auch die Gemeinschaft von Gleichgesinnten in ihrem Forum suchen? Zum Thema Mythologie: Mythologie als solche und natürlich auch die nordische Mythologie enthält viele universelle Weisheiten, die damals wie heute ihre Gültigkeit haben. Die alten Geschichten sind stets mit Bezug auf eine klare Morallehre geschrieben. Und daraus lässt sich auch heute noch schöpfen. Ob man daraus nun auch einen gewissen Grad an Spiritualität schöpfen möchte, ist jedem selbst überlassen. Wer jedoch jedes Wort einer Mythologie – auch der nordischen – so glaubt, wie es geschrieben steht, ist in meinen Augen genauso erbärmlich wie ein bibeltreuer Christ.

Was hält denn die Zukunft für Hagal bereit beziehungsweise arbeitet ihr an neuem Material und was könnt ihr darüber erzählen?

Schwierige Frage. Aufgrund der schon erwähnten Tatsache, dass wir im Moment arge Schwierigkeiten haben, uns überhaupt zu einer Bandprobe zusammenzufinden, gestaltet sich die Arbeit an neuem Material äußerst schwierig. Im Moment passiert da zu wenig, auch wenn Ideen existieren. Es mangelt uns einfach an der gemeinsamen Zeit, die Ideen systematisch zu Liedern zu verdichten. Sobald wir diese Zeit aber wieder haben, wird selbstverständlich ein neues Hagal-Album erklingen! Zurzeit versuchen wir, uns wenigstens für Live-Auftritte fit zu machen. Ich musste in letzter Zeit derartig vielen Anfragen für Auftritte eine Absage erteilen, dass es mir in der Seele schmerzt.

Zu guter Letzt zwei eher allgemeine Fragen: Wie war eigentlich das Av Is Og Ild-Festival, für das ihr auf eurer Homepage werbt? Ich hörte ja nun auch schon Stimmen, denen z.B. das Ragnarök-Festival zu groß ist und die darum kleinere Pagan-Festivals wie besagtes Av Is Og Ild bevorzugen.

Das Festival war super, ich und unser Bassist Janosch waren da – allerdings nur am Samstag. Besonders gefallen hat uns der Auftritt von Kerbenok, der Band des Festivalveranstalters Stefan. Nicht nur sympathische Leute, sondern auch extrem intelligente Musik. Sollte man im Auge behalten.

Deutschland rückt immer mehr in den Black Metal-Fokus, oder? Alteingesessene Gruppen wie Lunar Aurora werden immer bekannter, Bands wie Drautran etc. stürmen nach vorne und langsam aber sicher ist man wohl führend, was Black Metal angeht. Wie siehst du die Entwicklung der letzten Jahre? Auch im Vergleich mit Norwegen und dem sehr starken Frankreich?

Drautran stürmt nach vorne? Schön wärs. (Anm.: Okay, stürmen ist vielleicht das falsche Wort, sie waren aber ambitioniert) Diese Band ist ja leider noch unproduktiver als Hagal. Eine Schande, bei dem Potential! Ich sehe es nicht so, dass Deutschland führend im Black Metal ist. Es gibt zwar sehr gute Bands hier, aber auch sehr, sehr viel Durchschnittsware oder schlechter. Da sehe ich Norwegen nach wie vor eine Liga höher: Es gibt dort auch sehr viele Bands, aber es wird auch mehr Qualität hervorgebracht. Jüngstes Beispiel ist die neue Mayhem, aber auch eher unbekannte Bands wie Code liefern grandiose Alben ab. Alben-Meilensteine wie Emperors „In the nightside eclipse“ oder „A vikingligr veldis“ von Enslaved müssen hierzulande erstmal übertroffen werden. Das sehe ich noch nicht, auch wenn Bands wie Lunar Aurora oder Nagelfar definitiv schon nahe dran waren. Nein, Norwegen bleibt hier wohl führend.

Das war es auch schon, danke für deine Antworten, Ole!

Ein Dank zurück. Up the Irons!

 

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