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Gefühle können langatmig sein, können über einen hereinbrechen und doch so schnell wieder verschwinden. Als ob es nicht schon einem Weltenübel glich, dass man vier Jahre auf einen Nachfolger warten musste. Über ein halbes Jahr nach der offiziellen Veröffentlichung habe nun auch ich die Ehre mich mit "Sterbender Traum" auseinanderzusetzen. Als erstes fällt natürlich wieder das erdrückend liebevoll & dunkel gestaltete Booklet auf. So ziert das Cover dieser Eigenproduktion eine unteregehende Sonne am Waldrand, wobei das Logo der Band geschickt in die Verästelung der Bäume eingeflechtet wurde. Also alles in allem die besten Voraussetzungen für ein Album, das von melodischem Black/Pagan Metal mit lyrischem Hang zur Nordischen Mythologie geprägt ist.
Ein langer, greller Schrei öffnet uns die Pforten für über 40 Minuten durch eine Reise zurück zu vergangenen Werten und "Karg"-Liebhaber (der Vorgänger) werden sich sofort zu Hause fühlen. Doch auch dem neuen Hörer sollte sofort die Detailverliebtheit auffallen, mit der Hagal zu Werke gehen. Der Sound ist einwandfrei abgemischt, und so kommt die Musik, die hauptsächlich vom Gesang und den Gitarren geprägt ist, einwandfrei aus den Boxen geschallt. Entgegen der Norm der heutigen Black Metal Veröffentlichungen präsentieren Hagal aber ihr Können nicht nur im schwarzmetallischen Bereich, sondern schiffen auch in (neo)folkigen Gewässern (evtl. vergleichbar mit Forseti o. Halgadom). Denn zwischen die langen, intensiven Blackmetalstücken, schleichen sich nämlich mit Akustikgitarre gespielte Titel. Und auch wie bei zuvor genannten Interpreten, wird z.B. das Akustikstück "Die Weltenesche" von Klargesang, dem Schlagzeug und einer Maultrommel begleitet. Das Hauptaugenmerk des Albums liegt aber dennoch auf der zu erwartenden Musik einer Black Metal Band. Die auffällig geringste Rolle wird dem Schlagzeug zugewiesen. Dezent im Hintergrund gehalten, agiert es mal rasend oder schleppend und trägt somit einen verhältnismäßig kleinen Teil zur Klangvielfalt von Hagal bei. Was "Sterbender Traum" aber ausmacht sind die unglaublichen Melodien und der variantenreiche Gesang. Die schwarzmetallischen Stücke sind meistens in höheren Tempolagen anzusiedeln, und so schrammeln und sägen die Gitarren die nördlichsten Melodien, gespickt mit einem Hauch von Schwermut und Melancholie. Die beste Note verdient allerdings die stimmliche Ausarbeitung auf dem Album. Der "Gesang" auf dem Album stellt etwas ganz besonderes dar und hebt sich von 95% des normalen Blackmetal-Gekeifes ab. Rotzt uns A.F. mit unglaublicher Verzweiflung und Kraft einmal die Auswüchse seiner Stimmbänder entgegen, so vernimmt man von einem Moment auf den anderen einen für BM-Verhältnisse recht anspruchsvollen Klargesang. Dieser kommt also nicht nur in Akustikstücken vor, sondern auch die BM-lastigen Tracks machen Gebrauch von Gekeife wie von Klargesang - besonders herausragend zu genießen im Duett, wie es einst NAGELFAR in "Seelenland" (Album: "Hünengrab im Herbst") vorgemacht haben. Die Texte ranken sich auch (wie zu erwarten) ausschließlich um die Nordische Mythologie und sind durchgehend in deutsch gefasst. Gespickt mit etlichen Metaphern, dürften diese das geistige Auge eines jeden Hörers anregen. Man wird sich nun zwar schwer tun sämtliche Worte zu verstehen, doch im Booklet sind glücklicherweise alle Texte abgedruckt.

Als Fazit bleibt mir nur zu sagen: ein fesselndes, abwechslungsreiches Black/Pagan Metal Album, gespickt mit unglaublichem Variantenreichtum und bei mehreren Durchläufen wird sich einem noch die eine oder andere Überraschung offenbaren. Bei gedämpftem Licht im heimischen Wohnzimmer kann sich "Sterbender Traum" am besten entfalten, denn Musik zum nebenbei "konsumieren" wird hier keinesfalls geboten! Kaufen & am Stück genießen, mehr bleibt mir hierbei nicht zu sagen. Für die volle Punktzahl reicht es dann trotzdem nicht. Ich bin mir nämlich sicher, dass Hagal sich auf ihrer nächsten Veröffentlichung noch einmal steigern werden!

Wertung: 4.5/5

 

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